Vereinslehrgang in Marbach – Aikido im vertrauten Rahmen erleben

Am 27. Juni 2025 fand in Marbach erstmals seit vielen Jahren wieder ein Vereinslehrgang statt – ein besonderes Format, das sich gezielt an unsere Vereinsmitglieder richtet. Anders als bei den regulären 3A-Lehrgängen, die überregional ausgeschrieben werden und bei denen man meist auf viele unbekannte Gesichter und Lehrer trifft, steht beim Vereinslehrgang das gemeinsame Üben in vertrauter Atmosphäre im Mittelpunkt.

Alle Gäste wurden persönlich eingeladen – idealerweise bestehen bereits erste Kontakte zu Mitgliedern unseres Dojos. So bleibt die Gruppe überschaubar, der Rahmen vertraut, und besonders für Anfänger entsteht ein geschützter Raum, in dem sie Sicherheit und Routine im Lehrgangsumfeld entwickeln können.

Gerade für unsere junge Aikido-Gruppe in Marbach, in der in den letzten zwölf Monaten rund ein Dutzend Anfänger mit dem Training begonnen haben, war dieser Lehrgang ein wichtiger Schritt: zur Festigung der Gruppe, zur Entwicklung individueller Sicherheit – und zur Förderung eines verbindenden Vereinsgeists.

Wer konnte diesen Lehrgang also besser leiten als jemand, der genau dieses Gleichgewicht zwischen Vertrautheit und Entwicklung versteht?

Für diesen besonderen Aikidolehrgang konnte Oliver Martin Gehrke – 2. Dan – als Lehrer gewinnen. Martin trainiert regelmäßig bei Monika Mager (6. Dan, Aikido Kenshukai Bietigheim) sowie bei Günther Waibel (4. Dan, Aikidogruppe SV Remshalden). Auch wenn sich Oliver und Martin gar nicht so lange persönlich kennen, verbindet sie inzwischen eine enge und besondere Trainingspartnerschaft. Beide schätzen den regelmäßigen Austausch – sei es im Dojo oder bei überregionalen Lehrgängen.

Neben dem technischen Verständnis teilen sie auch bemerkenswerte Parallelen in ihrem Aikidoweg: Sowohl Martin in Aichwald als auch Oliver in Marbach leiten derzeit noch junge, im Aufbau befindliche Dojo-Gruppen. Zudem hatten beide im Lauf der Jahre längere Aikidopausen. Diese Pausen lagen zeitlich jeweils versetzt – was mit ein Grund ist, warum sich ihre Wege trotz vieler Jahre im Aikido erst relativ spät gekreuzt haben.

Auch das prägt ihre Zusammenarbeit: Beide bringen Lebenserfahrung mit, haben Aikido nach einer längeren Unterbrechung bewusst wieder in ihr Leben geholt und gehen den Weg jetzt mit neuer Klarheit und Bodenhaftung. Das gemeinsame Training ist dadurch von gegenseitigem Respekt und einem realistischen, unaufgeregten Zugang zum Aikido geprägt.

20250727_122042
Martin Gehrke -2.Dan-

Technikarbeit mit Struktur und Tiefe

Martin eröffnete den Lehrgang – wie im Kobayashi Aikido üblich – mit Shin-Kokyu sowie Aiki-Shin-Taiso. Nach dem Einrollen und grundlegenden Tai Sabaki-Übungen führte er schrittweise in Techniken ein, die alle auf dem Angriff Kosa Tori basierten.

Im Mittelpunkt standen dabei drei Varianten, die sich im Wesentlichen darin unterschieden, wie sich der Übende greifen lässt. Diese bewusste Variation der Kontaktaufnahme ist nicht nur technisch relevant, sondern stellt auch einen grundlegenden Aspekt im Kobayashi Aikido dar. Kobayashi Hirokazu Sensei bezeichnete diesen Ansatz als Meguri – das aktive Verändern der Griffdynamik, um Bewegung und Kontrolle von Anfang an zu gestalten.

Im weiteren Verlauf des Trainings griff Martin das Thema Timing auf – und zwar anhand einfacher, klar strukturierter Techniken. Dabei zeigte er, wie man das Gegriffenwerden nicht nur passiv hinnimmt, sondern aktiv in Bewegung integriert:

– zunächst durch das Bewegen der Hand im Raum,
– dann durch das Mitnehmen des Körpers,
– und schließlich durch die Kombination mit einer Meguri-Bewegung.

Diese Abläufe wirken zwar schlicht, sind aber in der Praxis komplex – sie hängen vom richtigen Abstand, Timing, der Körperhaltung und dem Verhalten des Angreifers ab. Natürlich funktionieren solche Prinzipien anfangs nicht sofort. Aber gerade deshalb lohnt es sich, sie frühzeitig zu üben. Nur durch Wiederholung und Erfahrung entwickelt sich ein Gefühl dafür – und irgendwann gelingt es, solche Prinzipien auch ohne Nachdenken umzusetzen.

Partnerarbeit mit dem Bokken – Abstand, Kontrolle und Einschätzung

Zwischen den einzelnen Technikblöcken gab es zwei Pausen, in denen wir unsere mitgebrachten Snacks teilen, neue Energie tanken und uns austauschen konnten. Die Atmosphäre blieb auch dabei freundlich, ruhig und konzentriert.

Im letzten Drittel des Lehrgangs folgte eine Bokken-Einheit. Martin ließ uns zunächst in Einzelarbeit gerade Schläge üben – vorwärts und rückwärts gehend – bis klar war, dass der sichere Umgang mit dem Holzschwert für alle Teilnehmenden gewährleistet war

Dann ging es in die Partnerübung: Der Verteidigende holt gleichzeitig mit dem Shomen Uchi des Angreifers aus, stellt aber sein Schwert frühzeitig sichtbar schützend in den Raum. Versucht der Angreifer, dieses zu „entwaffnen“, reagiert der Verteidigende mit Uke Nagashi, weicht aus und kontert mit einem kontrollierten Gegenschlag – ohne Kontakt, aber mit präziser Führung und sicherem Abstand.

Wichtig war dabei die Erkenntnis: Abstand ist nicht gleich Abstand. Ein Schlag, der 20 cm neben dem Partner vorbeigeht, hat schlicht keine Wirkung – das Ziel wurde verfehlt. Ein Schlag hingegen, der 20 cm über dem Kopf gezielt abgebremst wird, kann sehr wohl als „Treffer“ verstanden werden – wenn klar ist, dass er den Kopf hätte erreichen können.

Beide Übenden müssen in solchen Situationen realistisch einschätzen, was in der Bewegung passiert ist: Hätte der Angriff getroffen? Wäre man selbst getroffen worden? Oder war es ein beidseitiges Ergebnis – vielleicht ein „Unentschieden“? Diese Reflexion gehört zum Lernprozess – nicht nur technisch, sondern auch im Hinblick auf Achtsamkeit, Verantwortung und das gemeinsame Wachsen im Üben.

Ein Lehrgang, der genau zur richtigen Zeit kam

Für unsere Aikido-Gruppe in Marbach war dieser Vereinslehrgang ein wichtiger Meilenstein. Die Kombination aus klarer Technikvermittlung, vertrautem Rahmen, strukturierter Partnerarbeit und praxisnaher Vermittlung von Prinzipien wie Meguri, Timing und Distanz war für Anfänger wie Fortgeschrittene gleichermaßen wertvoll

Besonders für eine noch junge Gruppe ist ein solcher geschützter Rahmen wichtig: Er bietet Sicherheit, schafft Vertrauen und fördert den Mut, sich weiterzuentwickeln. Dank Martins ruhiger und fundierter Lehrweise konnten alle Teilnehmenden auf ihrem jeweiligen Niveau mitgehen, mitdenken und mitlernen.

Wir bedanken uns bei Martin Gehrke für seinen durchdachten und klar strukturierten Unterricht – und hoffen, dass dies nicht der letzte Vereinslehrgang dieser Art in Marbach war.